Leserfrage zur Beschneidung und Genital-Verstümmelungen

In gewissen Ländern werden z.B. Mädchen auch noch beschnitten, wenn sie schon älter sind und gegen ihren Willen, wobei Gewaltanwendungen oft zur Tagesordnung gehören.
Wie erwähnt, sind die effectiven Ursprünge der Beschneidung bei den Menschen der Erde weitgehend ungeklärt, folglich alles in bezug auf Erklärungen in Vermutungen beruht. So können patriarchale Stammesgesellschaften die Beschneidung von Mädchen und Knaben eingeführt haben, denn sehr alte Überlieferungen hinsichtlich des Rituals deuten auf Volksgruppen hin, die in ariden, wüstenähnlichen Regionen lebten. Dabei treten besonders Nomadenvölker speziell in Nord- und Ostafrika wie auch Australien hervor, die Religionen praktizieren, die eine religiös motivierte Beschneidung der Mädchen und Knaben forderten und das auch noch bis auf den heutigen Tag tun. Daher kann vermutet werden, dass die Beschneidung in ihrem Ursprung tatsächlich nichts anderes war als ein glaubenswahnmässiges Ritual.
Eine weitere Vermutung machen Medizinhistoriker usw., die, wie folgendes Zitat belegt, annehmen «… dass bereits im Altertum die Beschneidung zur Kontrolle des Geschlechtslebens der Sklaven und der Unterschicht dienen sollte, ohne gleichzeitig die Fruchtbarkeit zu beeinflussen. Religionsgeschichtlich kann eine Erklärung des Brauchs als Ablösung vom Menschenopfer gesehen werden. In vorgeschichtlicher Zeit wurden den Göttern, die besänftigt und milde gestimmt werden sollten, Menschen als Opfer dargebracht. Auch war die Kastration von unterworfenen Feinden und Sklaven üblich. Im Zuge religiöser Umbrüche opferte man schliesslich nurmehr etwas von jenem Teil des Mannes, der für die Weitergabe des Lebens zuständig (sozusagen ‹der Ursprungsort für neues Leben›) war. Die Kastration war wesentlicher Teil des antiken Kybele- und Attiskultes, der zeitweise in grossen Teilen des römischen Reiches verbreitet war. Einer Theorie zufolge kam es durch den Kontakt des Kultes mit dem frühen Judentum zu einer Übernahme und Abwandlung des Brauches. Eine andere, volkstümlichere Argumentation besagt, dass die Vorhaut im Grunde die einzige Stelle des (männlichen) Körpers sei, deren Opferung keinerlei Schaden mit sich bringe. Diese Reform war ein Pars-pro-toto-Opfer, das in der biblischen Tradition und für den skizzierten Zusammenhang von Menschenopfern (hier Opferung des Sohnes Isaak), Beschneidung und Fruchtbarkeit exemplarisch Abraham als erster vornahm (Gen 17,12 EU).»

Wie erklärt, gilt die rituelle oder religiöse Beschneidung in der Pubertät bei gewissen Gesellschaften und Völkern usw. als Initiationsritus, und zwar bei beiden Geschlechtern. Durch das blutige Ritual soll der heranwachsende Mensch in die Gemeinschaft der Erwachsenen aufgenommen werden. Dass dabei jedoch die Kinder durch die Beschneidung bewusst in eine tiefgreifende Krisensituation gebracht werden, das kümmert die verantwortungslosen sie Beschneidenden nicht. Die zu Beschneidenden sollen Mut zeigen und sich durch den zu durchleidenden Schmerz bewähren, um sich als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu erweisen; wobei diese Idiotie wohl nicht auf wehrlose Säuglinge zutreffen kann, weil sie vom Ganzen überhaupt nichts verstehen und noch nicht einmal sprechen können. So muss also bereits der wehrlose Säugling schmerzhafte oder demütigende Prozeduren über sich ergehen lassen, ohne dass er etwas dagegen tun kann, geschweige denn, dass er etwas vom blutigen und schmerzhaften Prozedere versteht.