Leserfrage zur Beschneidung und Genital-Verstümmelungen

Beachtet werden muss die bekannte Tatsache jedenfalls, dass die Vorhaut, die die Eichel bedeckt, beim neugeborenen Knaben immer so gestaltet ist, dass sie nur mühsam über die Eichel zurückgezogen werden kann, wobei sich das Ganze jedoch nach und nach ändert, und zwar im Verhältnis zum ganzen wachsenden Glied, wodurch die Vorhaut an ihrer Öffnung dehnbarer wird, folglich sie sich dann auch selbst zurückstülpt, dies besonders dann, wenn der Penis in Erektion verfällt. Also weist ein neugeborener Knabe natürlicherweise eine Verlängerung der Vorhaut auf, die an ihrer Mündung recht eng ist.
Bei Naturvölkern ist die Tatsache gegeben, dass der zum Mann herangewachsene Jüngling die Eichel oft frei trägt, weil sich die Vorhaut von selbst zurückschiebt. Tritt beim erwachsenen Mann dann aber auf, dass die Eichel im erigierten Zustande ausnahmsweise noch von der Vorhaut bedeckt wird, dann wird das als anormal erachtet, folglich schon frühzeitig dem Ganzen durch eine Beschneidung allgemein korrigierend entgegentreten wird. Auch bei Naturvölkern kann die Beschneidung auf der Sexual-Funktion des Mannes beruhen, denn die beim Jüngling teils noch vorhandene Bedeckung der Eichel mit der Vorhaut, die ja seit Geburt vorhanden ist, bedeutet etwas mehr oder weniger Hinderliches für den Geschlechtsverkehr, folglich die Behinderung beseitigt werden muss. Daher geschieht es, dass die meisten Naturvölker, die eine Beschneidung ausüben, erst im geschlechtsreifen Lebensalter, in der Regel in der Pubertät, die Vorhaut ein- oder wegschneiden. Durch die Beschneidung, die zeremoniell durchgeführt wird, soll der jeweilige Jüngling in sexueller Hinsicht umgehend völlig reif und normal gemacht und durch diesen Akt in die Reihe der reifen, heiratsfähigen Männer aufgenommen werden. Im Hinblick auf den Schmerz, der in der Regel infolge sehr primitiver Beschneidungsmethoden am sehr empfindlichen männlichen Sexualorgan auftritt, ist zu sagen, dass dieser auch einer Art Prüfung der männlichen Standhaftigkeit entspricht.
Bei den Juden- und Islamgläubigen resp. bei den Juden und Muslimen wird die Beschneidung schon in ganz jugendlichem Alter ausgeübt, weil wohl geglaubt wird, es sei schon beim Neugeborenen dem Zustand der natürlichen ‹Widernatürlichkeit› entgegenzutreten. Die Beschneidung gesunder Knaben am achten Tag nach der Geburt gilt im Judentum als Gebot Gottes, eben wohl auch, weil er dadurch eine grosse Nachkommenschaft vermittelt haben soll. Ob das wirklich ernst genommen werden soll, ist wohl mehr als nur fraglich, wenn bedacht wird, dass Gott eine Erfindung des Menschen ist, um die eigene Verantwortung nicht selbst tragen zu müssen, sondern sie auf diese imaginäre Gestalt abwälzen zu können.
In gewissen Kulturen soll wohl beim Knaben schon als Kleinkind durch die Beschneidung alles getan werden, um eine möglichst zahlreiche Nachkommenschaft zu garantieren. Es soll nichts dem Zufall überlassen werden, folglich nicht darauf geachtet wird, ob die Beschneidung richtig und wertvoll oder unrichtig und wertlos ist in bezug auf den Zeugungsakt und ob vielleicht die Vorhaut dereinst hinderlich sein wird oder nicht. Vielfach wurde und wird die Beschneidung für ein Gott wohlgefälliges Werk gehalten, dies auch bei den frühen Juden, denn das Beschneiden galt bei ihnen ganz klar als höchst wertvoll, um zahlreiche Nachkommenschaft zeugen zu können. Also darf mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die religiösen Gesetzgeber, die bei den Juden den Brauch der Beschneidung einführten, diese mit Sicherheit irgendwo abkupferten, folglich sie weder auf die Juden selbst noch auf ihren Gott Jehova zurückführte, sondern von aussen eingeführt und von anderen Völkern übernommen wurde. Dass sie dabei das Ganze für nützlich und wertvoll hielten, dürfte klar sein, wie auch dass damit politisch-religiöse Gründe verbunden waren, wodurch sie ihre priesterliche Macht zu festigen suchten, wobei sie mit Sicherheit dem Ganzen noch den Nimbus, die Bedeutung und die Weihe eines religiösen und von Gott befohlenen Ritus beigaben. Damit soll nun aber nicht in Abrede gestellt werden, dass die Priester und Gesetzgeber des Beschneidungsbrauchs neben dem, dass sie damit das Volk unter Kontrolle halten konnten, das Ganze vielleicht auch als hygienisch nützlich betrachteten.