Staub vergeht – Geist besteht

Er erinnerte sich aber noch daran, dass Jurij ihm erzählte, dass er viel unterwegs sei, vor allem an der Isar. Also genau dort, wo er und ich so viele kostbare Momente unseres Lebens verbracht hatten. Die Isar ist ein altvertrauter Freund, der uns durch viele Höhen und Tiefen des Lebens begleitet und uns auf unserem Lebensweg unzählige wertvolle Momente geschenkt hat – darunter Augenblicke tiefster innerer Ruhe und Besinnlichkeit im Einklang mit der Natur, und Augenblicke voll stiller Bewunderung, aber auch spannende Abenteuer und geselliges Beisammensein in der atemberaubenden Schönheit der freien Natur. Mein Schwager erzählte uns weiter, dass er mit Jurij zusammen an der Isar den Tod getroffen habe, einen Gesellen, mit dem er, Jurij, nun stets unterwegs sei, und dass sie zu dritt eine Schiffahrt gemacht hätten, die jedoch zum Teil recht gruselig und furchteinflössend gewesen sei, denn die Isar wurde mitunter zum reissenden Wildwasser mit gefährlichen Stromschnellen und Wasserfällen. Als das Schiff im Begriff war, über einen gewaltigen Wasserfall in die Tiefe hinabzustürzen, blieb Jurij vollkommen ruhig und sagte meinem Schwager mit seinem typischen spitzbübischen Lächeln in aller Gelassenheit, dass er nichts zu befürchten habe, denn der Tod sei ja bei ihnen und er habe schon unzählige Abenteuer mit ihm bestanden. Und in der Tat passierte ihnen beim schaurigen Absturz in die Tiefe nichts. Danach schifften die drei miteinander gesellig auf der Isar umher. Mein Schwager meinte, nachdem er darüber nachgedacht hatte, dass es Jurij bestens ergehe, wo immer er auch sei und dass er ihn eines Tages dort wieder treffen werde. Seinen Traum fand ich hochinteressant, denn er wirft Rätsel auf über die Geheimnisse des Todes und das weitergehende Dasein im Jenseits, die jeder Mensch in sich selbst lösen muss.

Erlebnisse an der Schwelle zum Jenseits

Am Tag vor Jurijs Ableben breiteten sich einträchtige Schwingungen der Liebe in unserer Wohnung aus, die alle Anwesenden, darunter Freunde und Familienmitglieder, zutiefst friedlich und harmonisch stimmten. Wir richteten uns danach aus und liessen uns von den sanften, alles verbindenden Schwingungen der Liebe durchdringen und tragen. Jurij war überglücklich und wollte jeden einzelnen berühren, küssen und umarmen. Es war, als ob er jedem von uns eine letzte Liebeserklärung machen wollte. Zur Erwiderung dieser Liebe waren die anwesenden Freunde und Familienangehörigen stets bestrebt, Jurij eine kleine Freude zu machen. Sie schenkten ihm Zuwendung, Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit und beschenkten ihn als Zeichen ihrer Liebe mit kleinen Mitbringseln, wie mit wohlduftenden Blumen, Weihrauch, Tee, Musikaufnahmen, Gedichten und kleinen Leckereien. Ich habe noch nie zuvor die alles durchpulsende, alles durchdringende und alles verbindende Kraft der Liebe in mir und um mich herum derart intensiv empfunden. Später in der Nacht, als Herbert, Johann und Richard bei uns zu Besuch waren, erzählte uns Jurij einiges über seine Sterbeerlebnisse.