Der ‹Elternführerschein› – ein längst überfälliges Instrument

Schnell wird dann der Ruf laut nach entsprechenden präventiven Massnahmen neben der obligatorischen Suche nach den Schuldigen. Oft heisst es, das Jugendamt hätte sich nicht genug gekümmert oder die Nachbarn/Familien seien zu gleichgültig gewesen etc. Das trifft sicherlich in vielen Fällen zu.
Doch wie gerade der jüngste Fall in Kleve gezeigt hat (die RP berichtete darüber), passieren solche Taten auch in Familien, bei denen das Jugendamt sein Möglichstes getan hat, denn solche Kontrollinstanzen können nun einmal nicht 24 Stunden rund um die Uhr in jeder Problemfamilie präsent sein. Was also ist zu tun und kann auch getan werden, um solche Tragödien zu verhindern? Da gibt es mehrere Möglichkeiten!

Die geforderte Pflicht zu den Vorsorgeuntersuchungen und entsprechende Meldungen bei Versäumnissen ist eine davon. Aber sie greift zu kurz, denn wenn ein Arzt an einem Kind Verletzungen feststellt, die auf Misshandlungen hindeuten, ist es in der Regel bereits zu spät, hat das Kind schon mehrfach leiden müssen. Und bevor dann die entsprechenden Schritte gegen die Eltern eingeleitet werden (können) – Stichwort ‹Bürokratie› – kann das Kind in der Zwischenzeit schon tot sein. Nein, wirksame Massnahmen gegen diese Form der Verrohung unserer Gesellschaft müssen sehr viel früher ansetzen, nämlich BEVOR es zu solchen entsetzlichen Taten kommt.

Zudem ist immer noch kaum bekannt, dass im Jahr 2000 der § 1631, Absatz 2 des BGB eingeführt wurde, der den Kindern das Recht auf eine sowohl körperlich wie auch seelisch gewaltfreie Erziehung zusichert. Im Gesetzestext heisst es: «Kinder haben das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Körperliche und seelische Verletzungen sind unzulässig.» Konkret: ‹Erziehungsmittel› von immer noch zu vielen Eltern als ‹harmlos› betrachtete Beschimpfungen wie: «Stell dich doch nicht so blöd an!» und Schlimmeres (= seelische Verletzung) bis zur Ohrfeige (und schlimmerer Prügel) sind strafbar und können gerichtlich verfolgt werden. Um beim Beispiel zu bleiben: Bezeichneten Sie einen (fremden) Erwachsenen als ‹blöd›, könnte er Sie mit Fug und Recht wegen Beleidigung anzeigen. Und die Seele (Anm. FIGU = Psyche) eines Kindes ist noch hundertmal verletzlicher als die eines Erwachsenen!