Die Angst auszusterben

In den Medien war kürzlich von einem russischen Gemeindepräsidenten zu hören, der einen neuen Feiertag erliess, damit die Bevölkerung Zeit und Musse hat, um Nachwuchs zu zeugen. Es war nicht das erste Mal, dass diese Aktion durchgeführt wurde, und der Tag wurde auch entsprechend genutzt, denn neun Monate später war der Erfolg offensichtlich. Also ein voller Erfolg für die Aktion. Doch was bewegte den Politiker zu dieser Massnahme? Sind wir wirklich zu wenige Menschen auf der Erde? – Er ist ja nicht der einzige, der so denkt, denn auch in verschiedenen europäischen Ländern rufen Politiker und Religionsführer die Bevölkerung immer wieder dazu auf, mehr Nachwuchs zu zeugen. Sie sponsern Familien mit hohen Kinderzulagen, wogegen eigentlich nichts einzuwenden wäre, wenn der Zweck nicht eine verantwortungslose Nachkommenschaftsvermehrung wäre.
Hinter einer solchen Politik steckt wohl zum Teil ein Gedanke, der mit dem Wirtschaftswachstum-Aberglauben gekoppelt ist, nämlich dass noch mehr Menschen auf dieser Erde den Rubel noch schneller rollen lassen. Aber auch das Problem der Rentengelder spielt wohl eine grosse Rolle, weil geglaubt wird, dass nur eine schnell wachsende Bevölkerung die Rentengelder sicherstellen könne. Dieses Verhalten gleicht jenem in den Drittweltländern, in denen die Eltern zahlreichen Nachwuchs zeugen, um versorgt von ihrem Nachwuchs einen gesicherten Lebensabend verbringen zu können. Das ist eine äusserst kurzsichtige Denkweise, und es ist erstaunlich, dass westliche Politiker die gleiche Denkweise pflegen. Sehen sie denn nicht, dass Land und Ressourcen begrenzt sind und wir so nicht weitermachen können? Unsere Politiker sind auch nur Menschen, und ihre Denkweise ist zum Teil wohl unterentwickelter als die bei manchem Einwohner der sogenannten Drittweltländer.
Fast alle heutigen Probleme sind auf die Überbevölkerung zurückzuführen: Umweltverschmutzung, Wasserknappheit, Unterernährung, globale Erwärmung und schnell wachsende Verrohung des Menschen sind die Folge, um nur wenige Stichworte zu nennen. Doch die Verantwortlichen nehmen ihre Pflichten nicht wahr. Sie versuchen die Probleme durch Scheinlösungen zu beheben und wollen nicht einsehen, dass sie dadurch alles noch viel schlimmer machen. Selbst die Bevölkerung ist zum Teil bereits schlauer, denn immer mehr Paaren widerstrebt es in der heutigen Zeit, unkontrolliert Nachwuchs zu zeugen. Sie wollen heute lieber nur ein oder zwei Kinder, oder sie entscheiden sich sogar, kinderlos zu bleiben. Interessanterweise ist heute gerade im streng katholischen Italien die Nachwuchsrate eine der tiefsten in Europa. Wenn die Politiker schon nicht die richtigen Massnahmen ergreifen und durchsetzen, so kann doch wenigstens die Bevölkerung etwas dagegen tun, denn Veränderungen fangen stets im kleinen an. Die Menschen müssen lernen, ihre Verantwortung selbst wahrzunehmen und so durch ihr Denken und Handeln die Geschicke der Menschheit positiv zu beeinflussen. Es liegt an uns allen, dafür zu sorgen, dass dieser Planet eine Zukunft hat, in der unsere Kinder in Frieden und Harmonie leben können.