Neue Erkenntnisse zum Wachkoma

Ihr kürzlich erschienenes Werk legt man erst aus der Hand, wenn es ausgelesen ist. In kurzen Kapiteln beschreibt Rafael ihren Weg aus dem Koma ins ‹normale› Leben. Ein Buch (Susanne Rafael, «Kopfzerbrechen», Mabuse-Verlag, Frankfurt a. M., 2006, 28.50 Fr.), das zum Nachdenken anregt. Auch über den ‹Fall Schiavo›. (mfr)

Die ehemalige Koma-Patientin Susanne Rafael beschreibt in einem Buch ihre Erfahrungen, Wahrnehmungen und Erlebnisse aus dieser Zeit. Ein sehr tragischer Fall hatte im Jahre 2005 eine gewisse Berühmtheit erlangt. Terri Schiavo oder Terri Schindler-Schiavo war eine US-Amerikanerin aus Saint Petersburg (Florida), die bei einem Zusammenbruch eine durch Sauerstoffmangel ausgelöste schwere Gehirnschädigung erlitten hatte. Infolgedessen befand sie sich von 1990 bis zu ihrem erzwungenen Tod während 15 Jahren im Wachkoma. Ihr einzigartiger Fall beschäftigte im Streit um die Erhaltung ihres Lebens während Jahren die Gerichte. So hatte sich ihr Ehemann gegen den Willen ihrer Eltern gegen die künstliche Ernährung seiner Frau ausgesprochen. Dessen wahre Hintergründe, Motive und genauere Zusammenhänge werden im besagten Kontaktbericht kurz beschrieben. Nach einem mehrjährigen Leidensweg wurde Terri Schiavo letztendlich während einer 13tägigen Tortur am 31. März 2005 unter unvorstellbaren psychischen und bewusstseinsmässigen Belastungen durch Verdursten- und Verhungernlassen vom Leben in den Tod befördert. Gemäss den Angaben von Ptaah war sie in gewisser Weise durchaus in der Lage, ihren allmählichen Zerfall und ihre organisierte Tötung bewusst wahrzunehmen und zu erleben. Es war ihr auch bewusst, dass sie von zahlreichen Menschen – vor allem von ihrem Ehemann – im Stich gelassen und auf eine brutale und menschenunwürdige Art und Weise dem Tode übergeben werden sollte. Diese ausweglose Situation und ihr Ausgeliefertsein hatte bei ihr, wie bei jedem anderen Menschen auch, eine grosse Verzweiflung ausgelöst. Doch waren ihre Reaktionen und Hilfeschreie an einen blockierten, unkontrollierbaren und behinderten fleischlichen Körper gebunden, wodurch sie einer unbeschreiblichen psychischen Qual preisgegeben wurde.
Jeder psychisch, bewusstseins- und gefühlsmässig gesunde und selbstbewusste Mensch besitzt den inneren Drang, seine Unabhängigkeit, Selbständigkeit und Freiheit zu erarbeiten, zu verteidigen und nach bestem Können und Vermögen zu bewahren. Gemäss seiner eigentlichen schöpferischen Natur und Bestimmung würde er diese persönlichen Werte mit Händen und Füssen erkämpfen und verfechten. Die entstehenden Ängste, die Panik, Aufregung, Verzweiflung und diesen Kampf infolge eines kranken und gelähmten Körpers nicht aktiv führen zu können, kann weder nachvollzogen noch beschrieben werden. Das Ganze gleicht dem tragischen Begräbnis eines scheintoten Menschen, der sich wehrlos gezwungen sieht, dieser ausweglosen Situation bewusst in die Augen zu sehen. Bewusst oder unbewusst verfügt der Mensch über Wahrnehmungen, Empfindungen und Gefühle, die mit höchster Sorgfalt in Betracht gezogen werden müssen. Diese Tatsache muss vor allem von Menschen in Führungspositionen, Sozial- oder Pflegeberufen beachtet werden. Die Fachpersonen aller Bereiche qualifizieren sich durch eine bewusste Bedachtheit im Umgang mit der Menschenwürde sowie dem Respekt und der Achtung für vermeintlich bewusstlose, bewusstseinskranke oder bewusstseinsgetrübte Patientinnen und Patienten. Vor allem behinderte, alte und kranke Menschen sind vielfach der Willkür oder einer zweifelhaften Behandlungsweise durch Pflege- oder Betreuungspersonen völlig schutz- und hilflos ausgeliefert. Im Alltag wird ihre persönliche Freiheit und Integrität selbst in den intimsten und persönlichsten Belangen und Bedürfnissen betroffen und/oder eingeschränkt.